Canyoning, also das Begehen von Schluchten und Bächen durch abseilen, abklettern, springen, rutschen, schwimmen und tauchen, erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Speziell im Ötscherland gibt es einige Schluchten, die auch kommerziell von Outdoorunternehmen aus Niederösterreich, Wien, der Steiermark, Oberösterreich, Salzburg, aber auch dem benachbarten Ausland geführt werden.
Für die Hilfe bei Notfällen in diesen Schluchten, auch für Sucheinsätze im Bereich von Gebirgsbächen und -flüssen, und zur Unterstützung anderer Einsatzorganisation wie unserer Canyoningrettungs-Kameraden der Steiermark, sowie für Hochwasser- und Katastropheneinsätze, gibt es dafür die 17-köpfige Canyoning-Spezialgruppe vom Österreichischen Bergrettungsdienst Niederösterreich/ Wien.
Canyoning Fortbildungskurs
Ende August fand der Fortbildungskurs 2021 der Canyoning-Gruppe in Kärnten statt. Ihr Basislager schlugen die ehrenamtlichen Bergretter am Campingplatz in Obervellach/ Mölltal auf.
Sieben Tage lang wurde in Schluchten und Flüssen, sowie im Trockentraining auch am Campingplatz geübt: Standardtechniken, Führungstechniken, Rettungstechniken, Strömungsschwimmen, Raften, Strömungslehre und Teambuilding. Aber auch Alpinmedizin und Seilbahnbau mit der wasserdichten Canyoning-Spezialtrage KONG 911 CANYON standen am Lehrprogramm.
Faszination Individualcanyoning
Kurshighlight war aber mit Sicherheit die äußerst anspruchsvolle Canyoningtour am 6. Kurstag:
Nach den vielen Übungseinheiten der vergangenen Tage konnte die Schwierigkeit der Schluchten gesteigert werden, und so ging es zum Individualcanyoning in den sehr selten begangenen, obersten von drei Teilen des Stranigbaches im südlichen Kärnten.
Die ohnehin anspruchsvolle Schlucht war wegen der starken Regenfälle des vorangegangenen Wochenendes äußerst „aquatisch“. Nach Lawinenabgängen im Winter gab es außerdem nach wie vor viele Verklausungen, etliche Standplätze beziehungsweise Kettenstände waren beschädigt oder schlicht nicht mehr vorhanden. So mussten von den weit über 30, großteils langen Abseilern, viele provisorisch aufgebaut werden. Notwendig waren dafür einige Improvisationstechniken: Bäume, Felsen und Sanduhren dienten als Standplätze, viele Seilreste und Rapid-Glieder wurden dafür verbraucht.
Aber auch die erlernten Strömungsschwimm-Techniken waren oft notwendig: Sogenannte Walzen, Prallwände und Siphons zählen neben der Absturzgefahr zu den größten Gefahren beim Canyoning. In den tosenden Becken kamen daher auch immer wieder Wurfsäcke, also Rettungsleinen, zum Einsatz.
Nach über sieben Stunden in der Schlucht, und bereits mitten im unteren, etwas besser abgesicherten Teil, entschied sich die Gruppe wegen der fortgeschrittenen Tageszeit aus Vernunftgründen dann aber für einen Sicherheitsausstieg: Über steiles, felsdurchsetztes Gelände mussten die Kameraden etwa 150 Höhenmeter zu einer Forststraße aufsteigen – Absicherungen in Form von Seilgeländern waren dazu notwendig.
Berufsausbildung „Kärntner Schluchtenführer“
Von den derzeit 17 ehrenamtlichen BergretterInnen, die zusätzlich die Qualifikation zur Canyoningretterinn/ zum Canyoningretter haben, absolvierte mittlerweile auch etwa die Hälfte die hochkarätige Berufsausbildung zum Kärntner Schluchtenführer. Dies ist eine der wenigen national und auch international anerkannten Canyoningguide-Ausbildungen.
Die niederösterreichische Canyoninggruppe des ÖBRD ist also bestens für Canyoning-, Schluchten-, Such-, Hochwasser- und Katastropheneinsätze qualifiziert und vorbereitet!